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Die denkende Materie des Piero Conestabo

Wann:

Di 7. Apr 2015, 19:00–22:00

Wo: Galerie Blaues Ateilier, Annenstraße 33, Graz Stadt, Steiermark

Altersbeschränkung: Alle Altersklassen

Ticket-Information:

  • Eintritt: Kostenlos

Eingetragen von: kerstineberhard

Der italienische Maler, Zeichner, Druckgrafiker, Designer und Organisator verschiedener Kulturereignisse, Piero Conestabo aus Triest, zählt zu den anerkanntesten zeitgenössischen Künstlern der Region Friuli-Venezia Giulia und ist durch seine zahlreichen Ausstellungen und Teilnahmen an verschiedenen Künstlersymposien auch außerhalb seiner Heimat, wie z. B. in Österreich, Deutschland, Slowenien, Kroatien, USA, China und Japan bekannt.
Piero Conestabo wurde 1952 geboren und ist seit 1979 Mitglied der römischen Accademia Tibertina. Seine erste Ausbildung absolvierte er zum diplomierten Industriedesigner und erwarb danach sein zweites Diplom an dem staatlichen Kunstinstitut Enrico e Umberto Nordio in Triest. Während des Studiums begeisterte sich der Künstler zunehmend für den triester-slowenischen, konstruktivistischen Meister August Černigoj. Im Jahr 1999 rekonstruierte er für diesen als Hommage eine posthume Retrospektive in Museo Revoltella und erbaute das gesamte Kunst-Atelier seines Vorbilds neu.
Nach dem zweiten Diplom erwarb Conestabo den Magister artis Titel als Druckgrafiker an dem Centro Internazionale d'Arte di Venezia und begann mit verschiedenen Druckgrafiktechniken zu experimentieren. Er entwickelte eine innovative Technik unter Anwendung von ready-made - "wegwerf" - Matrizen, wie z.B. Teilen von Autoreifen, Plastikverpackungen, Industrieabfällen und sogar Unterwäsche, wobei als Druckfarbe ungewöhnlicherweise Teer verwendet wird. Sein außergewöhnliches Interesse gilt Autoreifen als Kunstobjekte, mit ihrer ausgeprägten Symbolik der vernichtenden Industrie-Ära. Den »Geist des Autoreifens«, den man nicht nur in seinen Druckgrafiken sondern auch in den Installationen entdecken kann, drückt sich auch in den Einflüssen der "Battistrada" aus oder ist als Lauffläche in seinen vibrierenden und graphisch wirkenden Pinselstrichen zu betrachten.
Diese unverkennbaren Zeichenstriche wurden zuerst in äußerst eruptiven, strahlend-wirkenden Abstraktkompositionen bemerkbar. Dann aber verwendete der Künstler die gleichen Züge an den assoziativ-abstrakten Landschaftsmotiven, inspiriert durch seine häufigen Teilnahmen an Künstlersymposien in der freien Natur, besonders auch in Slowenien, das er seine "zweite Heimat" nennt. Seine Landschaften vermittelten so einen dynamisch-expressiven Eindruck von kosmischen Vibrationen des Ur-Lichtes, der Farbe und Formen, den ewig sich erneuernden Kreationsprozeß symbolisierend.
Bei seiner ersten Grazer Personale präsentiert sich Piero Conestabo als ein ausgezeichneter Zeichner von Miniaturen, mit kleinformatigen Werken auf Reispapier, welche aus unterschiedlichen Schaffensperioden stammen und daher eine zwiespältige Motivik aufweisen. Einerseits handelt es sich um frei empfundene abstrakte Kompositionen, die sich stilistisch auf vibrierende Landschaften beziehen (s.u.) und auf der anderen Seite handelt es sich um surrealistische figurale Motive des denkenden menschlichen Antlitzes, in dessen Gehirn gerade ganz neue Welten erschaffen werden. Piero Conestabo stellt dem Betrachter mittels seiner Kunstwerke eine ganz präzise Frage: darf man einen Künstler als einen gottgleichen, Fantasiewelten erschaffenden Demiurgen betrachten?
Conestabo stellt hier in Frage, dass es einen Schöpfer oder Demiurgen gibt und bezieht sich in seinen Werken auf die Natura naturans, die sich selbst schöpfende Natur. Im Gegensatz zur Natura naturata, der geschöpften Natur wie in der Weltanschauung des niederländischen Philosophen Baruch Spinoza. Eine Weltanschauung, die sich auch in Conestabos neuester Ausstellung im Blauen Atelier mit dem Titel MATERIA COGITANS (die denkende Materie) wiederspiegelt. Dies in Übereinstimmung mit dem Gedanken des Carl Sagan, der in seiner amerikanischen Fernsehserie »Cosmos« danach fragte, wozu man einen Gott bräuchte, wenn schon die Materie intelligent sei?

Mario Berdič, Kunstkritiker, Maribor, März 2015