Diese Veranstaltung ist schon vorbei

Wann:

Di 22. Apr 2014, 18:00

Wo: Kunstraum Engländerbau, Städtle 37, Vaduz

Altersbeschränkung: Alle Altersklassen

Eingetragen von: vnredaktion

Vortrag von Manfred Tschaikner, Historiker aus Dornbirn, Vorarlberg im Rahmen der Ausstellung „Im Zeitfenster“ im Kunstraum Engländerbau. Der Vortrag des Historikers Manfred Tschaikner stellt einen besonders heiklen Wirkungsbereich Anton Frommelts als Triesner Pfarrer vor: den Kampf gegen die Ausgrenzung eines großen Teils der Bevölkerung als so genannte Tobelhocker. Anhand eines historischen Rückblicks wird die Entstehung dieses in Europa einzigartigen gesellschaftlichen Phänomens erklärt.
Es nimmt seinen Ausgang um 1680, als in Vaduz eine der letzten großen Hexenprozesswellen im deutschsprachigen Raum in Vaduz ein außergewöhnliches Ende findet: Die Urteile der Gerichtsverfahren sind damals auf kaiserlichen Befehl hin de facto aufgehoben und alle Konfiskationen für ungültig erklärt worden. Der damalige Triesner Pfarrer Valentin von Kriss, ein engagierter Hexenverfolgungsgegner, ist davon überzeugt, dass es zu einem wirksamen Umbruch beim Hexentreiben aber mehr bedarf als der Aufhebung von Urteilen und der Publizierung obrigkeitlicher Befehle, die zum Teil gar nicht umgesetzt werden können. So lanciert er eine mentale Umkehrung der Verhältnisse: Die ehemaligen Ankläger oder Denunzianten einschließlich ihrer Familien werden nicht nur sozial ausgegrenzt, sondern sollen ihre Untaten auch nach ihrem Tod in einem besonders tristen Jenseits, nämlich im Lawena-Tobel, büßen.
Statt wie früher die vermeintlich verderblichen Hexen hausen nun also deren Verfolger und ihre Nachkommen in der Schlucht. Dieses stets gegenwärtige und nahe gelegene Jenseits spaltet die Bevölkerung bis ins ausgehende 20. Jahrhundert in zwei Gruppen, deren eine als so genannte Tobelhocker über Generationen hindurch stark stigmatisiert ist. Viele Ortsgeistliche – unter anderem eben auch Anton Frommelt in den 1920er Jahren – versuchen vergeblich, die Folgen der drastischen Maßnahme gegen die Hexenprozesse des 17. Jahrhunderts, die in der Gemeinde drei Jahrhunderte lang für gesellschaftliche Spannungen und seelische Not sorgte, abzuschaffen oder wenigstens zu mildern.
Erst im Zuge der Modernisierungen der letzten Jahrzehnte beginnen sich die Vorstellungen von der symbolischen Bestrafung der Tobelhocker aufzulösen.