Im Stadttheater von Jerusalem wird ein neues Stück geprobt. Mr. Jay, der Regisseur, hat es sich zur Aufgabe gemacht, in sieben Tagen die dramatischsten Szenen der Bibel auf die Bühne zu bringen: Von der Erschaffung der Welt über Adam und Evas Sündenfall, Kains Brudermord, die Opferung Isaaks durch Abraham über Moses und die Zehn Gebote bis hin zu Kreuzigung und Auferstehung Jesu soll sich der Bogen spannen. Doch wie es am Theater so ist, laufen die Proben alles andere als reibungslos. Die Technik ist unzuverlässig, die Diva weigert sich, nackt aufzutreten, die Schauspieler meutern, die Bühnenbildnerin hat gänzlich andere Vorstellungen als der Regisseur. Und die Putzfrau hat alle Hände voll zu tun, den Dreck, den diese Schöpfung hinterlässt, zu beseitigen. Ausbaden muss diesen Wahnsinn der Regieassistent Goldberg. Er wird von Mr. Jay schikaniert, gedemütigt, an die Grenzen seiner Leidensfähigkeit gebracht und zu guter Letzt gar ans Kreuz genagelt. Und am Ende dieser „Passionsgeschichte" geht alles wieder auf Anfang: Vorhang auf, die Premiere kann beginnen. Eine Schöpfung, die einem genauen Plan folgt und dennoch misslingt, weil die Menschen anders handeln als vorgesehen. Ein Theaterhimmel, der nicht voller Geigen hängt. Ein Regisseur, der sich wie Gott höchstpersönlich benimmt, ein masochistischer Jude als Regieassistent: Das sind die Ingredienzien für George Taboris Welttheater. Das 1991 bei der Uraufführung am Burgtheater vom Autor selbst inszenierte Stück ist sarkastische Komödie und kurzweilige Theaterparodie. Mr. Jay und Goldberg bilden ein Duo, das nichts weniger sein will, als eine Allegorie auf das Verhältnis Gottes zu seinem auserwählten Volk. Ihre Beziehung ist von Hassliebe, Abhängigkeit und Willkür geprägt. Theater als Weltmetapher. Wenn Goldberg als Moses die Gebotstafeln aus dem Schnürboden holt (und dabei die Hälfte vergisst) und schließlich Jesus wird, der durch seinen Tod am Kreuz die Welt rettet, kommt Taboris hintergründiger und tiefsinniger Witz voll zum Tragen: „Der Jude Tabori begreift die triumphale Niederlage des Juden Jesus am Kreuz als wunderbar komische Geburt der Religion aus dem Geist des Theaters. Gott führt Regie. Aber Jesus rettet die Premiere." (Gerhard Stadelmaier)
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WohinTippHQ 26 mins ago