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Wann:

Do 13. Jan 2011, 19:00–23:00

Wo: Kunstraum Niederoesterreich, Herrengasse 13, 1010 Wien, 01. Innere Stadt, Wien

Altersbeschränkung: Alle Altersklassen

Ticket-Information:

  • Eintritt: Kostenlos

Homepage:

Eingetragen von: KUNST_RAUM_NOE

Eröffnung: 13.1.2011, 19H
Dauer: 14.1.11–12.3.11
KünstlerInnen: Eva Egermann, Nina Höchtl, Bjørn Melhus, Anna Meyer, Sarah Ortmeyer, Dan Perjovschi, Oliver Ressler, Rirkrit Tiravanija, Christine Würmell
Kurator: Raimar Stange

Was ist Demokratie? Nicht nur in Österreich als tragendes Prinzip der Verfassung verankert, lässt sie sich als Regierungsform mit umfassendem Partizipationsrecht aller BürgerInnen beschreiben. Es genügt ein Blick in die Zeitung, um ein völlig anderes Bild zu erhalten. Die wahre Macht ist bei den VertreterInnen der neoliberalen Ökonomie und bei den so genannten „global playern“ angesiedelt. Der/die BürgerIn wird zunehmend entmündigt, das Allgemeinwohl der Menschheit leiten Einzelne aus den Bedingungen des globalen Marktes ab. In der von Colin Crouch so genannten Postdemokratie werden Entscheidungen von ExpertInnen, Kommissionen und Wirtschaftsunternehmen gefällt, der Bürger/die Bürgerin findet sich damit ab – oder leistet Widerstand, protestiert.
Die Ausstellung „Nach Demokratie“ im Kunstraum Niederoesterreich beschäftigt sich inhaltlich mit dieser Art der Machtverschiebung und ihren Folgen. Ein Focus liegt dabei auf dem öffentlichen Widerstand in Form von Demonstrationen in einer Zeit der Entmachtung demokratischer Regierungsgremien.
Anna Meyers poppige und konsumassoziierte PVC-Folienbilder zeigen unter anderem DemonstrantInnen, die Transparente mit den Worten „Politische Enteignung der Bürger“ tragen.
Eva Egermann vergrößert ein Zeitungsfoto eines Studentenstreiks an einer französischen Uni.
Rirkrit Tiravanija lässt Fotos von politischen Protesten in Thailand von thailändischen KunststudentInnen abzeichnen, die er als Block gehängt präsentiert, gleichsam als Bilder-Demonstration.
Dass teilweise auch politischer Protest in der Postdemokratie zur bloßen Ware wird, die sich der Popkultur bedient, zeigt Christine Würmell in ihrer Arbeit „Stop Bush“. Ihre Collage präsentiert den medienwirksamen Kicker Maradona, der auf einer Demonstration ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Stop Bush“ trägt. Ein prominenter Widerpart gegen den von der Öl-Industrie gepushten und für den Irak-Krieg stehenden George W. Bush. Bjørn Melhus zeigt in seinem Video „America sells“ aus dem Jahr 1990, wie auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz nach dem Mauerfall fröhlich die Einführung der Westwährung gefeiert wird. Die für die Postdemokratie typische grenzenlose Kommerzialisierung und Kommodifizierung beginnt so im globalen Maßstab ihren Lauf.
Die Ermächtigung von Einzelpersonen zu „global playern“ wird auch in Dan Perjovschis Arbeiten immer wieder deutlich. Eine seiner Wandzeichnungen – Fabrikschlote, unter denen „Kyoto“ zu lesen steht – bezieht sich auf die Klimakonferenz im Jahr 1997 in Kyoto. Ein Versuch des Umgangs mit der Klimakatastrophe seitens nationaler Demokratien, der nicht zuletzt daran scheiterte, dass die Lobbyarbeit großer Unternehmen die Regierungen unter Druck setzte.
Auch die von einem Nationalbegriff ausgehende Demokratie und die zunehmende Migration sind schwer unter einen Hut zu bringen. In ihrem Hörstück „Alle vor Allem“ skizziert Nina Höchtl darum ein fiktives Szenario im Jahr 2057, in dem MigrantInnen als sozial schwächere Randgruppe eine „Dienstbotengesellschaft Ungebildeter“ formen.
Oliver Ressler thematisiert in seiner Wandarbeit „To big to fall“ die Macht der immer rücksichtsloser agierenden Finanzwelt und den Widerstand dagegen. Sarah Ortmeyer schließlich zeigt in ihrer Arbeit „DILEMMA“, dass auch die Kunst nicht unberührt bleibt von dem Phänomen des omnipotenten Kapitalismus als Ausdruck der Postdemokratie. Sie positioniert vier hölzerne Rahmen-Tische, eine Mischung aus Marktstand und Bilderrahmen, im Raum. Jeweils der hintere Teil ist an der Wand hochgeklappt, der in den Raum ragende verkohlt. Ortmeyer spielt damit auf den Abriss, die Verdrängung einer historischen Markthalle durch einen lukrativen neuen Museumsbau in Warschau an.

Bild: Christine Würmell, Bollocks was it the hand of God, 2006