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Wann:

So 11. Apr 2010, 00:00

Wo: Salzburger Barockmuseum, Stadt, Salzburg

Was wäre ein barocker Festsaal oder eine Rokokokirche mit nackten, glatten Wänden? Was die Wandmalereien ohne dekorativen Rahmen? Dazu meinte noch 1770 Franz Christoph von Scheyb, Kaiserlich- Königlicher Hofrat in Wien: "Weiße Gewölber und Wände beleidigen das Auge".

In der Geschichte des Ornaments stellt die Rocaille einen fulminanten Höhepunkt dar. Sie wurde von ca. 1720 bis 1755 in weiten Teilen Europas verwendet. Ursprünglich kam sie aus Italien, war besonders in Frankreich beliebt und erlebte einen wahren Höhenflug in Bayern.

Sie entwickelte sich aus der Jakobsmuschel und aus anderen bizarren Muschelformen. Bestimmend für die Rocaille ist, dass sie zwischen Kunst- und Naturform hin und her wechselt, dass sie dreidimensional auswachsen und gegenständlich werden kann und dass sie irrationale Größenverhältnisse zeigt. Sie kann auch asymmetrisch sein. Das macht ihren besonderen Reiz aus und damit verstößt sie gegen alle klassischen Gestaltungsregeln des Decorums. Sie kann einem Wandbild als Rahmen dienen oder sich verselbständigen zu einem Rocaillehaus, zu einem Rocaillebaum oder gar zu einer ganzen Rocaillelandschaft.

Die Rocaille wurde sowohl in der Architektur, in der Malerei als auch im Kunsthandwerk verwendet. Besonders das Kunsthandwerk bot sich als Spielwiese zum Ausleben des "Style rocaille" an. Sie fand Verwendung nicht nur im Stuckdekor der Wand, sondern auch bei den Tapisserien, Möbeln, Porzellan, Silber- und Goldschmiedearbeiten etc.

In der Stadt Salzburg ist die Rocaille u.a. als Stuckdekor in der Vorhalle des Schlosses Mirabell, im Schloss Leopldskron, in Hellbrunn, im Neugebäude der Residenz und in der Michaelskirche zu finden. Der bedeutendste Bau mit Rocailledekorationen ist die Stiftskirche St. Peter mit ihrem Wandschmuck und der prächtigen schmiedeeisernen Gittertür.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wandelte sich der Geschmack. Friedrich August Krubsacius, Architekt und Architekturtheoretiker im beginnenden Klassizismus, übte 1755 heftige Kritik an der Rocaille: "Ist es denn also nöthig, eine Sache mit lauter Hirngespinsten zu verzieren, mit Dingen, die in der Welt nicht zu finden sind, oder die sich nicht schicken? ... Es sey ein Mischmasch von Schilf und Stroh, abgeschnittenen Haarlocken, Fischschuppen, Gräten, Schwänzen und Besenreisig, voller Drachen, Schlangen und anderm Ungeziefer, denen es am meisten ähnlich sieht."